Humboldt-Universität zu Berlin - Praktische Theologie mit Schwerpunkt Homiletik, Liturgik und Kirchentheorie

Profil der Professur

 

In der Tradition von Friedrich D.E. Schleiermacher versteht sich die Praktische Theologie in Berlin als Theorie religiös-christlicher Praxis. In diesem Sinne ist Praktische Theologie Theorie der Praxis und nicht selbst Praxis bzw. unmittelbare Praxisanleitung. Praktische Theologie reflektiert Phänomene und Praktiken gelebter Religion, und zwar in ihrer individuellen wie in ihrer sozialen und auch gesellschaftlich-öffentlichen Gestalt.

Die Theoriebildung, wie sie hier entwickelt und entfaltet wird, zeichnet sich durch zweierlei aus:  Erstens werden praktisch-theologische Themen und Phänomene der religiösen Praxis in ihrer historischen Genese rekonstruiert und auf ihre systematischen Gehalte hin befragt. Die historische und systematische orientierte Diskussion ist ein wesentlicher Bestandteil zu einem detaillierten Verständnis praktisch-theologischer Gegenwartsfragen. Die Praktische Theologie zielt auf einen Gesprächszusammenhang von historischen, systematischen und empirischen Einsichten. Sie zielt auf die Vermittlung von Überlieferung und Erfahrung im Interesse eines vertieften Verständnisses gegenwärtiger religiös-christlicher Praktiken und kirchlicher Problemstrukturen.

Zu diesem Zweck wird die Praktische Theologie zweitens konsequent als eine interdisziplinär zu betreibende Wissenschaft verstanden. Sie erfolgt in stetem Austausch mit anderen theologischen Disziplinen wie auch im Gespräch mit Sozial- und Kulturwissenschaften wie historischen Disziplinen. Dieser doppelte Zugang prägt Forschung und Lehre.

Der Schwerpunkt der Professur liegt auf Homiletik/Liturgik und Kybernetik. Homiletik wird entwickelt und durchgeführt als Theorie der religiösen Rede und religiösen Kommunikation, und zwar in interkonfessionellen, interreligiösen und transkulturellen Perspektiven. In Kooperationen mit Kultur- und Sozialwissenschaften soll speziell die soziale, kulturelle und politische Wirksamkeit religiöser Rede in Geschichte und Gegenwart erforscht werden. Religiöse Reden werden verstanden als soziale Ressourcen, mittels derer religiöse Gemeinschaften und Kirchen Normativität, Identitäten und Feindbilder wie auch Strategien des Umgangs mit Pluralismus, Heterogenität und Säkularisierung aushandeln. Da religiöse Reden meist in rituelle Kontexte eingebunden sind, erfolgt die homiletische Forschung und Lehre in stetem Bezug auf liturgische und ritualtheoretische Perspektiven.

Der Arbeitsbereich Kybernetik umfasst Kirchentheorie, Pastoraltheologie und Theorie religiöser Gemeinschaft(en). Hier liegt ein Schwerpunkt auf der Wahrnehmung und Deutung neuer religiöser Entwicklungen in urbanen Räumen. Berlin mit seinen religiös pluralen wie kulturell heterogenen Kontexten und der Vielzahl an religiösen Gemeinschaften bietet für eine solche Entwicklung des Arbeitsbereichs Kybernetik den idealen Rahmen. Es geht um die Wahrnehmung der Wirkungen globaler Urbanisierungsprozesse und den damit verbundenen religionskulturellen Dynamiken auf die bisherigen und aktuellen Entwicklungen religiöser Gemeinschaften und Kirchen in Berlin. Kirchentheorie wird konsequent weiterentwickelt zu einer Theorie religiöser Gemeinschaft(en). Hier soll die Forschung in engem Kontakt mit kirchlichen Einrichtungen und religiösen Gemeinschaften außerhalb der verfassten Kirche wie auch nicht-christlicher Prägung erfolgen.

Die praktisch-theologischen Lehrveranstaltungen widmen sich einerseits den klassischen Teildisziplinen des Faches, wie sie sich aus den Handlungsfeldern des Pfarramtes ergeben: Predigt- und Gottesdienstlehre, Kasualtheorie, Pastoraltheologie, Seelsorgelehre, Kirchentheorie, Diakoniewissenschaft. Andererseits wird die religiös-christliche Praxis aber auch in inhaltliche Querschnittsthemen eingezeichnet und der Horizont über die pfarramtliche Praxis hinaus geöffnet. Dazu gehören neben den bereits genannten Themen bspw. Fragen der Religions- und Ritualökonomie oder das Verhältnis von Religion und Literatur.

Die Forschungen an der Professur sind eng verknüpft mit dem „Institut zur Erforschung moderner Religionskulturen“.