Humboldt-Universität zu Berlin - Berliner Theologische Zeitschrift (BThZ)

BThZ Beiheft 1998

Welternährung und Gentechnik


CHRISTOF GESTRICH
Zur Einführung

In Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät lud die Theologische Fakultät am 25. und 26. November 1997 in den Großen Senatssaal zur 6. Werner-Reihlen-Vorlesung ein.

Zunächst sei diese nach amerikanischem Vorbild von der deutschen Familie Reihlen zum Gedenken an einen im Krieg gefallenen Bruder gestiftete lecture kurz vorgestellt: Sie soll, wie in den U.S.A. oft praktiziert und bewährt, für ein sonst nicht mögliches, zusätzliches wissenschaftliches Angebot sorgen. Zu verwenden sind die jährlichen Zinsen des Stiftungskapitals, mit denen auswärtige Kapazitäten zu Vorträgen eingeladen oder Preise für bestimmte, sehr gute und dem Stiftungszweck gemäße Universitätsarbeiten verliehen werden können. Wie in der Satzung festgehalten, soll die Theologische Fakultät mit diesen Mitteln das interdisziplinäre Gespräch mit anderen Wissenschaften unter Betonung des ethischen Gesichtspunktes pflegen. Zur Zeit wird dies in Form einer jährlichen, offenen Symposiumsveranstaltung zu wechselnden, meist aktuellen, umstrittenen und fächerübergreifenden Themen realisiert (z.B. 1996: "Geschlechterverhältnis und Sexualität" im Umbruch der Lebensgewohnheiten in den letzten Jahrzehnten; 1995: "Ethik ohne Religion?" - z.B. Ethik nur in philosophischer Begründung und Ausbildung?; 1994: "Gehirntod und Organtransplantation als Anfrage an unser Menschenbild", unter Mitarbeit der Charité). Eines der Ziele ist die fachliche Vertiefung und die Versachlichung der Meinungsbildung über die entsprechende Problematik, unter Umständen auch Verbesserung des Konsenses in der Gesellschaft. Die von Juristen und von ‘Geisteswissenschaftlern’ der unterschiedlichsten Fachrichtungen mitgetragenen Veranstaltungen wurden bisher von der Präsidentin oder dem Präsidenten der HUB eröffnet und zuvor von einer kleinen Universitäts-ad-hoc-Kommission, wie die Satzung sie vorsieht, geplant und vorbereitet. Ihr gehören an: der jeweilige Dekan der Theologischen Fakultät, sowie (für fünf Jahre durch den Fakultätsrat gewählt) ein weiteres Fakultätsmitglied - zur Zeit der Verfasser dieser Zeilen - und ein Professor einer anderen Fakultät - zur Zeit Professor Dr. Volker Gerhardt von der Philosophischen Fakultät I der HUB. Die Vorträge und Diskussionsergebnisse der jeweiligen Werner-Reihlen-Vorlesung, bei der auch aus dem Publikum heraus mitgesprochen werden kann, werden stets innerhalb weniger Monate als Beiheft der "Berliner Theologischen Zeitschrift" veröffentlicht.

Das Symposium vom November 1997 über "Welternährung und Gentechnologie" wurde vom Vizepräsidenten Prof. Dr. D. Kirschke und durch die Dekane der vorbereitenden Fakultäten mit eigenen, bereits auf die Hauptfragen hinweisenden Beiträgen begonnen. Die mit der interdisziplinären Thematik dieser Veranstaltung besonders angesprochenen und von mir zum Bedenken angeregten fünf ethischen Fragen sind folgende:

1. Muß die Wissenschaft (insbesondere in den Bio-Fächern) schon jetzt auf die hochgerechneten Ernährungsprobleme einer möglicherweise in wenigen Jahrzehnten vervielfachten Menschheit reagieren? Mit welchen Zahlen des Menschheitswachstums wird heute gerechnet? Ist es unsere Generation einer, wie überall erwartet wird, stark vergrößerten künftigen Menschheit schuldig, die Grundlagen für eine für die Erde noch erträgliche, aber dann äußerst vermehrte Nahrungsmittelproduktion zu legen? Eilt hierfür die Zeit?

2. Ist die Gentechnologie das ‘Mittel der Wahl’ bzw. ist sie derjenige Wissenschafts- und Industriezweig, zu dem es überhaupt keine Wahl mehr gibt im Blick auf die bereits anstehenden Probleme? Könnte schon jetzt vielen Hungernden sehr viel besser geholfen werden, würden ihre wichtigsten Nährpflanzen und -tiere durch entsprechende Manipulationen des Genoms optimiert, resistenter und ertragreicher gemacht? Oder sind die gegenwärtigen Hungergebiete in der Welt nicht auf diesem Weg zu therapieren, sondern mit einer besseren Verteilungspolitik und verbesserter Lagerhaltung? Gibt es noch andere Wege?

3. Ist die gesundheitliche Nicht-Bedenklichkeit gentechnisch veränderter, aber oft dennoch ‘stoffgleicher’ Nahrungsmittel zu garantieren? Wie kann dem deutlichen Wunsch mindestens der deutschen Bevölkerung auf Deklaration gentechnisch veränderter Waren auf dem Nahrungsmittelmarkt noch weitergehend als nur gemäß der "Novel-Food"-Verordnung der Europäischen Union von Anfang 1997 entsprochen werden? Wie läßt sich überhaupt das stark aufblühende grenzüberschreitende Geschäft mit diesen Waren demokratisch-politisch kontrollieren? Wie steht es hier gegebenenfalls mit der Haftung nach dem Verursacherprinzip?

4. Ist die ökologische Unbedenklichkeit der schließlichen ‘Freisetzung’ von im Genom technisch veränderten Nutzpflanzen und -tieren zu garantieren? Wie reagiert die Umwelt und ihr ‘Gleichgewicht’ auf diese oft besonders durchsetzungsfähigen Lebewesen? Wird die Artenvielfalt zusätzlich bedroht? Wird die biblisch betonte Geschaffenheit der Lebewesen "jedes nach seiner Art" (Noah-Geschichte) im Sinne einer Grenzüberschreitung mißachtet? Liegt die Gentechnologie als ‘stark abgekürztes Züchtungsverfahren’ noch innerhalb der Evolution, weil auch die sie bewerkstellenden Menschen innerhalb der Evolution existieren? Oder wird doch der evolutive Naturlauf seiner bisherigen Anpassungsregulierungen beraubt oder in ihnen bedenklich gestört? Werden den möglichen Schaden hiervon vor allem wieder die ärmsten Länder in den südlichen Erdregionen davontragen, da in ihnen vielleicht freiliegende Versuchsfelder geringeren amtlichen Kontrollen als in Europa unterliegen? Wie steht es hier mit der zu fordernden internationalen Gerechtigkeit?

5. Ist es ethisch vertretbar und auch juristisch sowie politisch unbedenklich, wissenschaftliche Entdeckungen am Genom zu patentieren? Dürfen entweder entschlüsselte oder kreativ neu kombinierte DNA-Sequenzen zum Patent angemeldet werden, damit nicht auch andere sie - im Falle der Entdeckung - frei wirtschaftlich nützen können? Sperrt sich nicht der Selbstwert "Leben" gegen ein solches Besessen- und Verfügtwerden? Steht nicht sogar das Prinzip der Freiheit der Wissenschaft dagegen? Oder ist doch gerade die Patentierung der angemessene, weil auch einzig gangbare und öffentlich kontrolliebare Weg, um neue Entdeckungen am Genom einer größeren Zahl der an ihrer Übernahme Interessierten zugänglich zu machen?

Den ersten Vortrag ("Was braucht der Mensch zum Leben? Welternährung und technologische Herausforderungen") hielt Prof. Dr. C. Bonte-Friedheim aus Den Haag/Niederl., vormals langjähriger Bonner Regierungsberater in Landwirtschaftsfragen in der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern vor allem in Afrika und Südamerika, zur Zeit leitend beim "Internationalen Beratungsdienst für nationale Agrarforschung" (ISNAR). Zwei ethisch werbende Thesen ragten heraus: Zum einen die, daß das Jahr 2010 die kritische Zeitgrenze sei, von der an unermeßliches Leid über große Teile der dann stark vermehrten Menschheit kommen werde, wenn bis dahin nicht auf neuen Wegen sehr viel mehr Nahrungsmittel als heute erzeugt und verteilt werden können. Zum andern die, daß diese neuen Wege im Entscheidenden nur im Erzeugen von gentechnisch optimierten Nutzpflanzen und -tieren bestehen können (und zwar schon deshalb, weil die entsprechenden Pflanzen weniger chemische Schädlingsbekämpfungsmittel brauchen, deren Ausbringung wegen des weltweit immer mehr gefährdeten Trinkwassers ohnehin reduziert werden müsse).

Die Dringlichkeit, diesen Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft im 21. Jahrhundert mit Hilfe der "Grünen Gentechnologie" weiter zu beschreiten, betonte auch Dr. M. Kern, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Hoechst-Schering (AGREVO GmbH Frankfurt/M), der zahlreiche Hochrechnungen der zu erwartenden demographischen und wirtschaftlichen Entwicklungen vorlegte. Viele bei uns diskutierten Probleme seien abstrakt, wenn man die tatsächliche Situation in bevölkerungsreichen armen Ländern vor Augen habe. Seine Firma beispielsweise habe schon rund eine Milliarde in den hier einzuschlagenden Weg investiert, und dabei sei man jetzt noch in den Anfängen bei den "Holzmodellen" - und müsse nun zügig weiterkommen.

Prof. Dr. Heß vom Institut für Pflanzenphysiologie an der Universität Stuttgart-Hohenheim, ausgewiesener Lehrmeister in traditionellen und modernen, die Gentechnologie einbeziehenden Methoden der Pflanzenphysiologie, erläuterte in einem weiteren Vortrag anschaulich die grundlegenden wissenschaftlichen Sachverhalte und technischen Schritte der Genommanipulation bei Pflanzen. Er bezog sie dann auf die landwirtschaftliche Praxis im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökokologie, von Ablehnung und Akzeptanz. Auch er teilte, wie außerdem fast alle der im Auditorium zuhörenden und später mitdiskutierenden Agrarwissenschaftler, die von den zuvor genannten Rednern umrissene Gesamtsicht.

Schließlich faßte am Abend des ersten Symposiumstags Prof. Dr. K.J. Peters von der Landwirtschaftlich-Gärterischen Fakultät der HUB, der die ganze Tagung sehr tatkräftig mit vorbereiten half, fachlich zuständig für landwirtschaftliche Tierzucht in den Tropen, das bisher zur Sprache Gekommene in einer Podiumsdiskussion mit den Referenten vertiefend zusammen. "Wie ist die Welternährung zu sichern?" lautete jetzt lapidar das vorgegebene Thema. Daß der skizzierte Weg - selbstverständlich - nicht völlig risikofrei ist, bedeute doch nicht, ihn abbrechen zu können. Doch seien aus heutiger Sicht die Auswirkungen für die heute ärmeren und armen Länder z.T. noch nicht so positiv wie sie es werden müssen und vielleicht auch werden können. Denn nicht ihren Hauptnahrungsmitteln gelten heute die entscheidenden gentechnologischen Anstrengungen, sondern denen der reiche(re)n Länder. Umstritten blieb u.a. die Frage, wieviel tierische Nahrung für nach Fleisch verlangende menschliche Populationen vorgesehen werden müsse, wenn doch der ständige Fleischverzehr (und damit Massentierhaltung und ein großer Verbrauch pflanzlicher Nahrung durch die Nutztiere) weithin auch vermieden werden könnte.

Den zweiten Symposiumstag eröffnete das theologische Hauptreferat "Gentechnologisch veränderte Pflanzen und Tiere als Nahrungsquelle in der Sicht christlicher Ethik" des Systematischen Theologen und Biologen Prof. Dr. J. Hübner von der Heidelberger Ev.-Theol. Universitätsfakultät und von der Heidelberger Forschungsstelle der evangelischen Akademikerschaft (FEST). Hübner listete zunächst die Pro- und Contra-Argumente zur "Grünen Gentechnik" umfassend auf. Insgesamt sprach er sich nicht gegen eine im Rahmen der in Europa gültigen Gesetze vorgehende gentechnische Veränderung von Nutzpflanzen- und Tieren aus. Allerdings forderte er aufgrund der Risiken, neue Bewältigungsstrategien nach dem Maßstab der Behutsamkeit zu entwickeln. Darüber hinaus plädierte er für die Anwendung einer die Beteiligten und Betroffenen anhörenden und sie in Entscheidungen einbeziehenden Diskursethik. Weitgehend blieb Hübner damit auf der Linie des soeben von einer offziellen Arbeitsgruppe der Evangelischen Kirche in Deutschland, der er selbst angehörte, neu vorgelegten Textes "Einverständnis mit der Schöpfung. Ein Beitrag zur ethischen Urteilsbildung im Blick auf die Gentechnik und ihre Anwendung bei Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren", Gütersloh 2. Aufl. 1997. Dort heißt es S. 166f: "Gegen gentechnisch veränderte Nahrungsmittel bestehen ...keine grundsätzlichen ethischen Bedenken, solange die Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit erhalten, frei zu entscheiden, ob sie kaufen wollen oder nicht." Und sogar: "Daß die Würde des Lebens geachtet werden muß, bedeutet...nicht, daß die Patentierung von Genen und lebenden Organismen moralisch verwerflich wäre. Allerdings sind hier noch (weitere) rechtliche Regelungen erforderlich, um Ungerechtigkeiten, zumal gegenüber den Entwicklungsländern, zu verhindern." Der Vortrag von J. Hübner fand die Zustimmung von Vertretern unterschiedlicher Positionen im Auditorium. Nur die Befürworter einer normativen Ethik wurden vom Ansatz der Darlegungen nicht ganz befriedigt.

Die verschiedenen rechtlichen Aspekte der Patentierung gentechnisch veränderter Lebewesen oder Lebensstrukturen erläuterte der Vorsitzende Richter am Münchner Bundespatentgericht F.P. Goebel. Der Schutzgedanke, der es verhindert, gentechnisch verändertes Leben ohne weiteres für alle freizugeben, kann z.B. auch in dem souveränen Recht von Staaten begründet sein, ihre nationalen Ressourcen zu schützen. Falsch gestellt sei die Frage der Kritiker der Patentierung, ob Lebewesen ‘public or private goods’ seien. Sie blieben in juristischer Sicht, auch bei Patentierung in gewisser Weise, ‘nobodys good’. Patentiert werden ja eigentlich Verfahren, wobei das Patent nach 2O Jahren ausläuft.

Kritische Gesichtspunkte zur ‘Grünen Gentechnologie’grundsätzlicher Art kamen schließlich doch noch aus dem Referat der Biologin Dr. Beatrix Tappeser vom Öko-Institut in Freiburg/Br., das vor allem darlegte, wie wenig die ökologischen Auswirkungen der Freisetzung manipulierter Lebewesen bis jetzt überhaupt erforscht sind. Sie berichtete von mehreren bisherigen Anhaltspunkten wirklicher Gefahren, denen aber eben z.T. noch nicht genügend nachgegangen wurde. Besonders ihr Biologie- Fachkollege Kern, von dessen Beitrag schon die Rede, war, bestritt diese Sicht der Dinge, die z. T. am bacillus Thuringensis festgemacht wurde, heftig, zeigte dabei aber auch, daß er selbst von einem anderen ethischen Ansatz herkommt. Es kam hierüber, wie schon bei den anderen Vorträgen, zu weiteren Fachdiskussionen aus dem Publikum heraus. - Das ganze Symposium wurde mit einer zweiten Podiumsdiskussion am Abend des Folgetages abgeschlossen, die ich selbst zu moderieren hatte. Sie fragte noch einmal fundamental nach der Legitimität von technisch herbeigeführten Genomveränderungen bei außermenschlichem Leben. Dabei wurde besonders die Frage, ob die Schöpfung verbesserbar sei, kontrovers besprochen. Zuletzt wurde die Hoffnung geäußert, daß die Menschheit des 21. Jahrhunderts wieder mehr als die des 20. Jahrhunderts der Schleiermacherschen "Einsfühlung mit der Natur" fähig werde, der Konvivialität also mit den außermenschliche Lebewesen, denen im 2O. Jahrhundert in einem Ausmaß wie wie noch niemals zuvor von einem ihnen nicht gemäßen Denken her destruktiv entgegengearbeitet worden ist.


CHRISTIAN BONTE-FRIEDHEIM
Was braucht der Mensch zum Leben? Welternährung und technologische Herausforderungen

Was braucht der Mensch zum Leben? Dies ist kein Problem von Nationen, sondern der Generationen mit begrenzter Quantität und Qualität ihrer Nahrung, ihrer Umwelt und natürlichen Ressourcen, sowie einer ungleichmäßigen Verteilung der Weltbevölkerung, der Wasser- und Ackerlandreserven, des Einkommens, der Armut und des Hungers. Nur mehr, besonders effizientere und bessere Agrarforschung kann das Überleben einer wesentlich größeren Weltbevölkerung um die Mitte des nächsten Jahrhunderts garantieren.

What are the future human needs to survive? These are not problems of nations but of generations with limited quantity and quality of their food supplies, of natural resources and the environment as well as problems due to the uneven distribution of the globe's human population, of land and water resources, of the world's income, and of poverty and hunger. Only more, especial more efficient and better agricultural research can guarantee survival of a considerably larger population by the middle of the next century.


FRANK P. GOEBEL
Gentechnisch veränderte Lebewesen - public or private goods?

Die Entwicklung von Nahrungsmitteln, die auf gentechnischem Weg verändert worden sind, kann im Interesse der Sicherung der Welternährung durch die Ausschlußrechte des Patentsystems - private good - gefördert werden. Hiermit kann zugleich das Interesse der Allgemeinheit, daß solche Entwicklungen nicht im Dunkel der Geheimhaltung vollzogen werden und daß der Zugang zu ihren Ergebnissen grundsätzlich gesichert und gegebenenfalls gesteuert werden kann - public good -, hinreichend gewährleistet werden.

To insure global nutrition, the development of genetically modified food can be promoted by the exclusive rights of patent law - private good -. Simultaneously in this way the public interest can be adequately protected that such developments are not realized in the darkness of secrecy and that the access to the results is principally opened and moreover, if necessary, controlled - public good-.


DIETER HESS
Gentechnik und Pflanzenzüchtung - ein Verbund von Grundlagenforschung und landwirtschaftlicher Praxis im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie, Ablehnung und Akzeptanz

Vor- und Nachteile der Gentechnik an Pflanzen werden insbesondere bei der Übertragung von Resistenzgenen gegen Herbizide und gegen Bakterien, Pilze und Insekten diskutiert. Letzteres ist zu einer Ernährungssicherung unter Wahrung ökologischer Prinzipien dringend erforderlich.

Advantages and possible disadvantages of plant gene transfers are discussed, considering especially transfers of herbizide resistance, and of resistances against bacteria, fungi and insects. The latters are urgently needed to secure human nutrition, maintaining ecological demands.


JÜRGEN HÜBNER
Gentechnologisch veränderte Pflanzen und Tiere als Nahrungsquelle in der Sicht christlicher Ethik

Es gibt gute Argumente für und gegen die Gentechnik. Im Sinne einer Gesprächsethik können nur Dialoge und Diskurse aller Beteiligten, auch in solidarischem Streit, dazu führen, Neu- und Weiterentwicklungen sachbezogen so zu steuern, daß unter Wahrung der Würde auch der nichtmenschlichen Kreatur ein Nutzen für alle erzielt werden kann.

There are adequate arguments pro and contra gene technology. Not in ethical confrontation, but only in critical dialogue it may be possible to control the evolution of scientific progress, for the welfare of mankind in all parts of the world and with respect for the non human creatures.


MANFRED KERN
An die Grenzen des Notwendigen

Die Entwicklungen der Biotechnologie sind begleitet von Hoffnungen und Ängsten gleichermaßen. Je nach Interessenlage werden in der öffentlichen Auseinandersetzung oft ethische Argumente eingebracht, teilweise richtige und zu recht – teilweise sogar miß-bräuchlich. Orientierung und Aufklärung tut not. Es werden Daten und Trends zur Diskussion gestellt, die zeigen, daß die Biotechnologie einen integralen Bestandteil nachhaltiger Landwirtschaft im 21. Jahrhundert darstellt und letztlich einen unverzichtbaren Beitrag zur Sicherung der Welternährung leistet.

Developments in biotechnology are accompanied by hopes and fears in equal proportions. Ethical arguments are frequently used to support particular points of view in the course of public controversy. Many of them are right and justifiable, others are completely out of place. Information and guiding principles must be given. Data and trends are presented here for discussion which show that biotechnology will form an integral part of sustainable agriculture in the 21st century and will ultimately make an indispensable contribution towards safeguarding world food supplies.


BEATRIX TAPPESER
Risikowahrnehmung und Risikobewertung von Umweltwirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen

Eine Analyse der ökologischen Begleitforschung weltweit zeigt, daß nur in ca. 1% aller Freisetzungsversuche ökologische Fragestellungen untersucht wurden. Unter dem Druck der Vermarktungsbestrebungen werden bis heute die sich bereits abzeichnenden langfristigen ökologischen Wirkungen weitgehend ignoriert. Die Konzentration der Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen auf gentechnische Ansätze verhindert darüber hinaus die Weiterentwicklung anderer landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsformen, die bisher einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Arten- und Sortenvielfalt geleistet haben.

An analysis of the research on ecological impacts of transgenic plants done in combination with the thousands of release experiments worldwide reveals that ecological impact assessment has been a rare event. Additionally under the pressure of planned market introductions there is the trend to ignore the emerging longterm ecological impacts. A direct consequence of the concentration of research and development investment in transgenic plants are the missing contributions to other forms of agricultural systems, which have been of utmost importance for the maintenance of plant species and varieties.