Humboldt-Universität zu Berlin - Berliner Theologische Zeitschrift (BThZ)

35. Jahrgang, Heft 2/2018

 

Endzeit ohne Ende?

 

Der religiös bestimmte Zusammenhang zwischen Konzeptionen von einer positiven Zukunft (Paradies/Utopie) und dystopischen Visionen (Weltende/apokalyptische Katastrophe) ist im jüdisch-christlichen Denken tief verwurzelt: Die Erwartung eines dramatischen Endes und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft gehören hier eng zusammen. Dabei ist nicht nur an temporäre oder lokale Vorgänge gedacht; viele Texte oszillieren zwischen der Erwartung von Himmel und Hölle, zwischen Bildern von Weltuntergang und Entstehung einer ganz neuen Welt, von Angst- und Hoffnungs(t)räumen.

Doch seit dem 20. Jahrhunderts wird der Utopie mit großer Skepsis begegnet. So ist sogar vom „Ende des utopischen Zeitalters“ (Joachim Fest) die Rede. Utopisches Denken sei viel zu anfällig für jegliche Art von Totalitarismus; alle Versuche, den Himmel auf Erden zu verwirklichen, hätten letztlich in die allzu irdische Hölle geführt. Klaus Vondung prägte dafür den Begriff der „kupierten Apokalypse“, die zwar an der Erwartung des Untergangs der alten, schlechten Welt festhält – aber die Gewissheit kappt, dass ein Paradies auf Erden als neue Welt der Vollkommenheit, der Erfüllung und des ewigen Lebens folgen wird. Brauchen wir darüber hinaus nichts mehr und können utopische Gegenmodelle getrost suspendieren? Genügen uns mit Foucault „Heterotopien“ zur Wiedergewinnung von Gegenplatzierungen oder realisierten Utopien im Sinne von Orten außerhalb aller Orte, die aber doch lokalisierbar bleiben.