Humboldt-Universität zu Berlin - Theologische Fakultät

LSBTI* oder LSBTTIQ*?

Die Abkürzung LSBTI*/LSBTTI* steht für Lesbisch – Schwul –Bisexuell – Trans* - Inter*. Sie wird je nach Kontext erweitert, z.B. um Q für Queer, oder verkürzt. Der Sammelbegriff wird als politischer Begriff verwendet, um auf die Marginalisierung und Ausgrenzung bestimmter Begehrens- und geschlechtlicher Lebensformen aufmerksam zu machen und für die gesellschaftliche Anerkennung zu kämpfen. Das Sternchen* (auch Gender-Star genannt) wird ebenso wie der Unterstrich_ (auch Gender- Gap genannt) als Platzhalter verwendet, um alle Geschlechter und Identitäten über „männlich“ und „weiblich“ hinaus sichtbar zu machen.

LSBTI* / LSBTTIQ* zeigt vor allem den solidarischen Zusammenschluss verschiedener Gruppierungen an, die die Erfahrung von gesellschaftlicher, rechtlicher und politischer Ausgrenzung und Verfolgung aufgrund ihres Geschlechts und/oder ihres Begehrens teilen. Gleichwohl ist LSBTI* als Bezeichnung umstritten, weil damit identitätspolitische Ansprüche und Festlegungen einhergehen, die nicht von allen gewollt sind und der Pluralisierung der Lebens- und Begehrensformen entgegenläuft.

Quelle: Universität Duisburg Essen / Genderportal

 

Fibel der Unterschiede 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Fibel der vielen kleinen Unterschiede - Begriffe zur sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt (hier)

 

 

Lebensthemen - Lebensfragen

Konversionstherapien

 

Der letzte Strohhalm

Matthias AlbrechtEine gezielte Veränderung der sexuellen Präferenz ist nicht möglich, nicht durch Therapie. Trotzdem wehren sich Menschen aus dem christlich- fundamentalistischen Lager vehement gegen ein Verbot solcher pseudotherapeutischer Verfahren. Ihre Argumente bleiben dabei haltlos und verweisen vielmehr auf die pathologisch anmutenden Zustände in vielen ihrer eigenen Gemeinden.

Sogenannte Konversionstherapien gehören verboten. Gemeint damit sind alle Maßnahmen, die im Kontext von Therapie, Beratung und Seelsorge darauf angelegt sind, das sexuelle Begehren hin zur Heterosexualität zu verändern beziehungsweise die Transgeschlechtlichkeit zu überwinden. Deshalb ist es auch ein wichtiger Schritt, dass das Bundesgesundheitsministerium aktuell einen Gesetzesentwurf vorbereitet, der das Anbieten solcher Behandlungen künftig unter Strafandrohung verbietet. Viele säkulare und christliche LSBTTIQ*- Organisationen begrüßen diese längst überfällige Initiative und hoffen auf deren rasche Umsetzung. Wie zu erwarten, löst das Gesetzgebungsverfahren nicht allenthalben Zustimmung aus. Besonders aus dem Bereich des christlichen Fundamentalismus kommt Kritik. Von dieser Seite wird aktuell vermehrt die Frage ins Feld geführt, was denn mit denjenigen sei, die eine sogenannte Konversionstherapie wünschen? Diesen Menschen, so die Argumentation der Gegner*innen eines Verbotes, solle doch zumindest die Möglichkeit gelassen werden, aus freiem Willen heraus eine solche Behandlung in Anspruch nehmen zu dürfen. Einer genaueren Analyse unterzogen erscheint dieses Argument, ebenso wie alle anderen Begründungen dieser kleinen radikalen Gruppe, unhaltbar. Es wirkt wie der verzweifelte Griff nach einem letzten Strohhalm der ewig Gestrigen, die nun endgültig ihre Felle davon schwimmen sehen.

Es ist frappierend, dass gerade diese eine Begründung, dass denen, die es wollen, doch die Möglichkeit gelassen werden solle, herangezogen und in der Diskussion stark zu machen versucht wird. Wer für eine Therapie wirbt oder wie in diesem Fall, sich dafür ausspricht, eine Therapie weiter zuzulassen, der sollte doch zu aller erst damit hausieren, dass die Therapie sinnvoll ist, weil sie ihren genuinen Zweck erfüllt, nämlich Heilung. Doch eben an diesem Punkt können die Befürworter*innen der sogenannten Konversionstherapie nichts vorweisen. Das, was sie als Heilung bezeichnen, nämlich die Veränderung von Homosexualität oder Transgeschlechtlichkeit, findet nicht statt. Das ist auch nicht verwunderlich, denn weder Homosexualität noch Transgeschlechtlichkeit sind Krankheiten.

Weiterlesen unter evangelisch.de/block

 

Informationen zum Thema:

 

  • Bundesratsinitiative: Aus für Konversionstherapie. Deutschlandfunk vom 12.04.2019 (hier)
  • Deutsche Welle: Bundesrat für Verbot von "Konversionstherapien" für Homosexuelle (hier)
  • Beschluß des Bundesrates:
    Akzeptanz und Wertschätzung anstatt Pathologisierung und Diskriminierung: Menschen in ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität stärken – „Konversionstherapien“ verbieten.
    Drucksache 161/19 (Beschluß) vom 17.05.2019
    Anmerkung: Die Entschließung wurde am 17. Mai 2019 der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, ob sie das Anliegen der Länder aufgreifen will. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.
    Am 11.06.2019 erklärte Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) auf einer Pressekonferenz, er wolle die sogenannte „Konversions­therapien“ für Homosexuelle in Deutschland verbieten. Ein Gesetzentwurf solle noch in 2019 in den Bundestag eingebrachte werden. Zwei neue wissenschaftliche Gutachten und die Beratungsergebnisse einer Fachkommission stützen dieses Vor­ha­ben.
  • Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln) u.a.: Sogenannte Homo-Heiler-Szene in Deutschland
    Drucksache 18/8118 vom 15.07.2014

 

Gibt es queeres Pilgern?

 

...fragte Dr. Kerstin Söderblom auf dem Blog der ekd am 04.09.2019.

"Gibt es nicht, habe ich mir nach einigem Hin und Her selbst geantwortet. Oder nicht, dass ich wüsste. Aber Moment: So einfach ist die Sache nicht. In dem Augenblick, in dem queere Leute pilgern, wird die Sache sehr wohl queer. Warum? Ganz einfach. Weil sie ihr Leben, ihre Erfahrungen, ihr Gepäck und ihre Lebenswelt mit auf Reisen nehmen. Genau wie alle anderen auch. (…) Mein Resümee nach diesen Monaten unterwegs: Es gibt vermutlich kein "queeres Pilgern". Aber unterwegs sein mit queeren Themen und Erfahrungen von queeren Menschen beim Pilgern gibt es jede Menge. So haben wir es jedenfalls erlebt. (...)

Und was es zudem sehr wohl gibt: queere Pilgerziele wie zum Beispiel das Stonewall Inn in der Christopher Street in New York. Dort begann 1969 der Beginn der schwul-lesbischen und transidenten Befreiungsbewegung. Oder aber das Castroviertel in San Francisco. Dort gibt es bis heute eine lebendige schwul-lesbisch-queere Infrastruktur. Harvey Milk hat dort in den siebziger Jahren des 20. Jahrhundert als offen schwuler Politiker und Bürgerrechtler gelebt. Oder Skala Eressos auf Lesbos, dem Geburtsort der Dichterin und Lehrerin Sappho. Aber darüber werde ich in einem anderen Blogeintrag berichten."

 

Der gesamte Beitrag hier.

 

Links

 

Institut für Queer Theory (iQt), Berlin und Hamburg (hier)

 

Transidentität - Transsexualität in der Kirche

 

Wie geht Kirche – wie geht Religion - in einer sich verändernden Welt auf Vielfalt ein? Kann sie für jeden, egal welcher geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung, ein Ort der Zuflucht, der Nähe des Austausches und der Liebe sein? Diese Diskussion soll in den kommenden Monaten an der Theologischen Fakultät der HU weiter vorangetragen werden.

2017 erstellte die Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e. V. (dgti e.V.), gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – eine erste umfassende Publikation zum Thema „Kirche und Transsexualität/Transidentität“.

Vierzehn Menschen, darunter Dr. Nikolaus Schneider, von 2003 bis 2013 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und von 2010 bis 2014 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, Petra Weitzel, beheimatet in der Gethsemanekirche, Frankfurt am Main und aktiv in der dgti e.V. sowie Professorin Dr. Johanna Schmidt-Räntsch, Richterin am Bundesgerichtshof, stellvertretende Vorsitzende einer katholischen Kirchengemeinde erzählten von ihren persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen mit oder als Trans*Menschen in der Kirche, im Freundeskreis und der Familie.

 

Bild Transsexualität

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Broschüre "trans. inter*. nicht-binär. Lehr- und Lernräume an Hochschulen geschlechterreflektiert, diskriminierungskritisch und respektvoll gestalten" (hier) für Lehr- und Lernräume an Hochschulen ging aus dem Projekt «Non-Binary Universities. Maßnahmen zur Stärkung der Geschlechter-Diversität an Universitäten in Österreich» hervor, das an der Akademie der bildenden Künste Wien durchgeführt wurde und vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Rahmen des Diversitas-Preises 2016 wurde. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse und Empfehlungen für Entscheidungsträger*innen finden sich hier.

 

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Literatur

  • Sauer, Arn: LSBTIQ*-Lexikon (online), Bundeszentrale für politische Bildung 2017. (hier)
  • Herm, Rainer: Ver-körperungen des anderen Geschlechts - Transvestitismus und Transsexualität historisch betrachtet, Bundeszentrale für politische Bildung 2012. (hier)
  • Gerhard Schreiber, Dr. theol., Akademischer Rat am Institut für Theologie und Sozialethik (iths) der Technischen Universität Darmstadt:

- Transsexualität in Theologie und Neurowissenschaften. Ergebnisse, Kontroversen, Perspektiven, (Hg.) de Gruyter 2016.

- Fünf Fragen an: Dr. Gerhard Schreiber, Goethe-Universität Frankfurt, 2016. (hier)

- Homo- und Intersexualität in der Theologie:
Das Problem ist die Gesellschaft, nicht die Menschen“ (12/2017).

- „Geschlecht außer Norm. Zur theologischen Auseinandersetzung mit geschlechtlicher Vielfalt am Beispiel der Intersexualität“, in: Diverse Identität. Interdisziplinäre Annäherungen an das Phänomen Intersexualität, hg. von Julia Koll, Jantine Nierop und Gerhard Schreiber, Hannover: Studienzentrum der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie 2018 (Schriften zu Genderfragen in Kirche und Theologie, Bd. 4), S. 29-47. Download hier.

- Das Geschlecht in mir. Neurowissenschaftliche, alltagsweltliche und theologische Beiträge zu Transsexualität, Gerhard Schreiber (Hg.), De Gruyter 2019.

  • Prüll, Livia: Trans* im Glück - Geschlechtsangleichung als Chance: Autobiographie, Medizingeschichte, Medizinethik. Vandenhoeck & Ruprecht 2016.

Dazu ein Interview.

 

 

 

 

NIKOLAUS SCHNEIDER:

„In Jesus Christus gilt weder Mann-Sein noch Frau-Sein noch Transsexuell-Sein, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig wird.“