Humboldt-Universität zu Berlin - Theologische Fakultät

Juden und Frauen in der deutschen Wissenschaft. Historische Perspektiven

Wissenschaftshistorisches Seminar des Leopoldina-Zentrums für Wissenschaftsforschung
  • Wann 01.12.2020 von 18:00 bis 21:00
  • Wo online
  • iCal

Ein Online-Seminar, in dem Prof. Dr. Christina von Braun zum Thema "Juden und Frauen in der deutschen Wissenschaft: Historische Perspektiven" spricht.

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An dem Seminar kann über folgenden Link teilgenommen werden: https://zoom.us/j/95449945555 (Zoom-Meeting-ID: 954 4994 5555)

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Jüdische Frauen waren Pionierinnen im Kampf der Frauen für das Stimmrecht und für das Recht auf Bildung. Sie gehörten zu den ersten Medizinerinnen und Naturwissenschaftlerinnen und übten einen wichtigen Einfluss auf Modernisierungsprozesse in der Ökonomie, Politik, den Sozialkämpfen und für einen allgemeinen Mentalitätswandel aus. Er vollzog sich in Deutschland nur gegen große Widerstände, schlug sich aber auch in der Entstehung neuer Wissensgebiete wie den Sexualwissenschaften und der Psychoanalyse nieder. Zu den Vorkämpferinnen der öffentlichen Wohlfahrt gehörten Alice Salomon (1872-1948) und Käthe Frankenthal (1889-1976). Pionierinnen der Geschichtswissenschaft waren Selma Stern und Hedwig Hintze. Emmy Noether wurde zur Schrittmacherin einer modernen Mathematik und damit eines Fachs, das bis heute überwiegend männlich besetzt ist. Christina von Braun beleuchtet den Hintergrund, der zu den radikalen Veränderungen sowohl des deutsch-jüdischen Verhältnisses in den Wissenschaften als auch der Geschlechterordnung führte. Diese Veränderungen vollzogen sich in ungewöhnlich kurzer Zeit und basierten unter anderem auf neuen Vorstellungen von Gemeinschaft und auf den neuen biologischen Erkenntnissen über den männlichen und weiblichen Anteil am Zeugungsakt. In den paradigmatischen Rollen, die Juden und Frauen zugewiesen wurden, überschnitten sich die beiden Entwicklungen. So kam es einerseits zur Vorreiterrolle von Juden in der Medizin und in den Sexualwissenschaften, andererseits aber auch zu einem von Sexualbildern durchsetzten rassistischen Antisemitismus. Die beiden Aspekte bildeten das geistige und soziale Umfeld, in dem jüdische Akademikerinnen ihren Weg zu gehen versuchten.

 

Christina von Braun war von 1994 bis 2012 Professorin für Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2012 ist sie Sprecherin des Zentrums Jüdische Studien Berlin-Brandenburg. Von 1969 bis 1990 war sie als freiberufliche Filmemacherin und Autorin tätig. Ihr Werk umfasst ca. 50 Filme, 20 Bücher und viele Aufsätze zur Kultur- und Geschlechtergeschichte.