Humboldt-Universität zu Berlin - Ernst-Troeltsch-Honorarprofessur

Forschung

Hans Joas konzentriert sich auf Sozialphilosophie und soziologische Theorie, insbesondere des amerikanischen Pragmatismus und des Historismus; Religionssoziologie und Soziologie von Krieg und Gewalt sowie den Wertewandel in der modernen Gesellschaft.

Ein besonderer Schwerpunkt von Joas’ Forschung ist die Entstehung der Werte. Er erarbeitete dazu eine Theorie der affirmativen Genealogie von Werten, insbesondere der Menschenrechte. Nach Joas entstehen Werte in Erfahrungen der Selbstbildung und Selbsttranszendenz. Hierzu hat er eine Phänomenologie der Erfahrung der Selbsttranszendenz „vom individuellen Gebet bis zur kollektiven Ekstase in archaischen Ritualen oder in nationalistischer Kriegsbegeisterung“ entwickelt; „sie schließt moralische Gefühle, die Öffnung des Selbst im Gespräch und im Erlebnis der Natur ein.“ Joas betont, dass seine Betrachtung der Kontingenz der Wertentstehung keineswegs „als ein Plädoyer gegen die Ansprüche einer universalistischen Moral“ zu verstehen sei.

In einem dreibändigen Werk versucht Joas, aus diesen Voraussetzungen heraus den Grundriss einer Globalgeschichte des moralischen Universalismus zu entwickeln. Im ersten, 2017 erschienenen Band „Die Macht des Heiligen. Eine Alternative zur Geschichte von der Entzauberung“ hat er eine detaillierte Kritik der auf Max Weber zurückgehenden Geschichtserzählung von einem seit den hebräischen Propheten voranschreitenden weltgeschichtlichen Prozess der Entzauberung und die Skizze einer Alternative dazu vorgelegt. Im zweiten, 2020 erschienenen Band „Im Bannkreis der Freiheit. Religionstheorie nach Hegel und Nietzsche“ geht es parallel dazu um eine Überwindung des auf Hegel zurückgehenden Geschichtsbilds einer im protestantischen Christentums gipfelnden Religionsgeschichte und ihrer konstitutiven Bedeutung für die Konstitution moderner politischer Freiheit. In Porträts bedeutender philosophischer, soziologischer und theologischer Religionsdenker werden dabei die Ansätze zu einer Alternative weiter konkretisiert. In dem in Arbeit befindlichen dritten Band (Arbeitstitel „Universalismus. Weltherrschaft und Menschheitsethos") wird diese Alternative derzeit historisch-soziologisch breit ausgearbeitet. Sein jüngstes Buch (2022) „Warum Kirche? Selbstoptimierung oder Glaubensgemeinschaft“ bezieht die Debatten über ein neues Verständnis von Kirche und über Kirchenreform auf diese Geschichte des moralischen Universalismus.